Als Einstieg eine Perle der Weisheit aus dem Nähkästchen für systemisches Basiswissen: „Auf eine ganz einfache Frage gibt es  immer auch eine ganz einfache Antwort und die ist leider meistens die falsche.“ Bei der Antwort auf die Frage, wer etwas von einer im Auftrag erarbeiteten Projektentwicklung hat, können wir es uns natürlich ganz besonders hübsch einfach machen, in dem wir sagen, dass der Auftraggeber etwas davon hat. Er bekommt seine Ziele erreicht, dadurch er andere für sich denken, recherchieren, konzipieren lässt wie. Mit dieser Antwort haben wir dem beliebten Prinzip des Simplify Genüge getan.

Weil allzu gern schnell Konsens herrscht angesichts der Forderung, dass man auch komplizierte Sachverhalte kurz und bündig auf den Punkt bringen können muss, scheint es angesichts der kurzen und bündigen Antwort so, als bräuchte man also an dieser Stelle gar nicht mehr weiterlesen. Auf Wiedersehen und gute Reise wünschen wir all jenen, die es erst ein wenig später verstehen werden, dass die Einfachheit erst am Ende eines Problemlöseprozesses angemessen ist und nicht am Anfang! Den berühmten Satz des „Heinrich von Tessenow: „Das Einfache ist nicht immer das Beste; aber das Beste ist immer einfach.“ ergänzen wir darum mit Schiller:

„Einfachheit ist das Resultat der Reife.“ Wer bezüglich Projektentwicklung für reifere An- und Einsichten aufgeschlossen ist, der wird wohl weiter gelesen haben und Interesse aufbringen für die Antwort auf die Frage „Was ein Auftraggeber davon hat, dass er für sich ein Projekt entwickeln lässt?“ Wir könnten jetzt ein Interesse des Auftraggebers unterstellen, dass er vielleicht einfach keine Lust oder anderes zu tun hat, als sich mit seinem Projekt zu beschäftigen und daher andere für sich denken, recherchieren, konzipieren lässt. Angesichts der nahe liegenden Ansicht, dass das aber schade sei, weil gekaufte Experten doch nicht das Maß an „Insights“ haben könnten, wie derjenige, der auf die Idee gekommen ist, dass in einem bestimmten, ihm einsichtigen Kontext ein Projekt Sinn machen würde, dem müssten wir jetzt einen längeren Exkurs zumuten über Betriebsblindheit. Machen wir aber nicht.

Denn natürlich kann es Vorteile haben, wenn man noch nicht zu viel zu wissen meint über einen Problemlösezusammenhang, weil man dann noch unvoreingenommen herangeht an die Beurteilung der Umsetzungsaussichten der Projektidee. Weil man die mehr oder weniger reflektierten oder unausgesprochenen Prämissen der Projektidee (noch) nicht teilt, werden diese im Dialog zwischen dem potentiellen Denker im Auftrag plus dem „Geist“, der die Projektidee hatte und die konzeptionelle Weiterentwicklung in Auftrag gibt, einem ersten Härtetest unterzogen hinsichtlich der Tragfähigkeit des ideellen Fundaments für die mehr oder minder aussichtsreiche Projektvision. Wenn wir so wunderbar einfach und verständlich von einem Auftraggeber für eine Projektentwicklung sprechen, dann haben wir scheinbar wieder alles richtig gemacht.

Auch hier sollte aufhören zu lesen, wer der Ansicht ist, dass man sich ja ohne weiteres vorstellen könne was ein Auftraggeber davon habe, wenn er andere für sich denken, forschen und konzipieren lässt. Vielleicht hat er keine Lust, selbst eine Projektumfeldanalyse zu machen. Die Ergebnisse von Machbarkeitsstudien frustrieren ihn womöglich, so dass er die Auseinandersetzung mit Korrekturen der Projektausrichtung lieber Fachspezialisten überlässt. Eventuell ist er mit der Erarbeitung eines Businessplanes überfordert oder findet die Induktion des sozial erwünschten Eindrucks von Präzision durch Verwendung qualitativ nichtssagender Zahlenwerke albern, weil dieses die semantische Vermessung des Situationspotentials trivialisieren. Arbeitet er das Konzept für eine Projekt aus, kann es niemanden haftbar machen, wenn es fehlerhaft ist.

Vielleicht mag er einfach nicht recherchieren, welche Stakeholder noch mit im Spiel sind und bei der Projektumsetzung in ihren Interessen, Standpunkten, Perspektiven, Argumenten berücksichtigt werden wollen. Möglicherweise gibt es mehrere Auftraggeber, die sich nicht einig sind, aber die offene Auseinandersetzung zu Für und Wider scheuen und deshalb die Projektentwicklung abwarten, um anhand neuer bzw. umfassender recherchierter Informationsgrundlagen in die Verhandlung zu gehen. Möglicherweise ist der offizielle Auftraggeber nicht repräsentativ für alle offiziell verlautbarten Zieldefinitionen, vielleicht muss er selbst Rücksicht nehmen auf Bedürfnisse, Tabus, Wünsche, Visionen, welche in der Auftragsklärung für die Projektentwicklung gar nicht genannt werden, aber sehr wohl eine Rolle spielen.

Diese sind daher zumindest indirekt zu erschließen. Ansonsten droht die Gefahr, dass aus nicht berücksichtigten Zielvorstellungen Zielkonflikte resultieren, welche absehbar die Nachhaltigkeit der Erreichung der offiziell verlautbarten Ziele sabotieren, wenn keine Zielkonfliktmediation versucht wird. Bei unserer Mediation zu der Frage, wer was von Projektentwicklung hat, wird zunehmen deutlich, dass wir uns dafür interessierten sollten, wer überhaupt als Auftraggeber in Frage kommt. Erst wenn wir Überblick zu dieser, auf den ersten Blick leicht beantwortbaren Frage gewonnen haben, können wir ableiten, welche offiziellen und mehr oder weniger heimlichen bis unheimlichen Auftraggeber bei der beauftragten Konzeption für ein Projekt mit berücksichtigt werden wollen in ihren Interessen, Positionen, Perspektiven, Befürchtungen, Hoffnungen, Argumenten.

Marie von Ebner Eschenbach: „Durch wieviel Kompliziertheit muß man sich durchringen bis man endlich zur Einfachheit gelangt!“. Diese Einsicht verdient es, erweitert zu werden durch die Einsicht, dass Sachverhalte die eh schon komplex sind, noch komplizierter werden wenn man sie mit Mitteln zu lösen sucht, die unterkomplex, nicht komplexitätsadäquat sind. Dass die Suche nach der Antwort auf die scheinbar einfache Frage „Wer hat etwas davon?“ bereits Teil der Projektentwicklung ist und nur dadurch komplexitätsadäquat zu beantworten ist, wenn wir die Komplexität in Form der offiziellen sowie heimlichen bis unheimlichen Auftraggeber mit erfassen und berücksichtigen, davon möchten wir an dieser Stelle zumindest eine Ahnung vermitteln anhand eines konkreten Projektes.

Bei dem Projekt „Gemeinschaftsaufgabe Pflegequalität“ ging es 2009 darum, eine e-didaktisches Angebot zu entwickeln, welche Entscheider im Alltag der Pflege dazu befähigt, rechtlich und ethisch verantwortbare Entscheidungen zu treffen. Anlässlich dieser Projektentwicklung galt es im Sinne des Ökologie-Checks der offiziell formulierten Zieldefinitionen abzuklären, für welche Stakeholder der Erfolg bzw. Misserfolg des Projektes absehbar einen unterschied bewirken würde. mit anderen Worten: auf wessen Unterstützung könnte man setzen und von welcher Instanz, Personen, Interessengruppe wäre Widerstand gegen die Maßnahmen des Projektes zur Einlösung der offiziellen Zieldefinitionen zu erwarten? Gegenüber welchen erwartbaren Verhaltenstendenzen erfolgskritischer Mitspieler galt es gegenzusteuern?

In dem virtuellen Lernszenario für Fach- und Führungskräfte der Pflege war die Verhaltensanforderung in der Situation, welche nach zu ethisch und rechtlich vertretbarer Entscheidung rief, ja noch relativ einfach. Die Zumutung für den Entscheider in all den für den Pflegealltag typischen Lern- bzw. Entscheidungssituation ließ sich mit einfachen Worten so auf den Punkt bringen: „Entscheide und zwar so, dass Du es für diesen Kontext fachlich begründen, sowie ethisch und rechtlich verantworten kannst!“ Welche Interessen welcher Interessengruppen wären durch die Performance des Entscheiders berührt? Wie ist deren absehbaren Vorerwartungen anlässlich des Entscheidungsprozess im Alltag der Pflege und vorausschauend in der, auf diese Entscheidungssituation ausgerichteten Lern- und Trainingssituation Rechnung zu tragen?

Welche Verhaltenserwartungen seitens welcher, von der Entscheidung berührten „Mitspieler“ gilt es beim Kalkül zur Begründung zu berücksichtigen? Insofern 90 Prozent aller Menschen in Deutschland entweder in der Klinik oder im Heim sterben … also sehr wahrscheinlich länger auf kompetente bzw. rechtlich plus ethisch vertretbare Pflege angewiesen sein wird, kann ein jeder jetzt im Folgenden innerlich prüfen, inwieweit er die Interessen aller ihm relevant erscheinenden Stakeholder in den skizzierten „Personas“ nachvollziehbar berücksichtigt findet. Damals erschienen uns Stakeholder mit wie folgt unterstellten Charakteristika samt daraus ableitbarer Erwartungen relevant: Beginnen wir zwecks Veranschaulichung der Gemengelage der Interessen und daraus eventuell resultierenden Vorteile durch systematische Projektentwicklung mit {1}, den noch unerfahrenen Entscheidern.

Diese „Fachnovizen“ wollen i. d. R. lernen, kontextadäquat und nachhaltig sinnvoll zu entscheiden. Sie wollen sich bei erfahreneren Theoretikern und Praktikern fachlich rückversichern, aber sich auch selbst im Fachdiskurs profilieren. Sie wissen, dass ihre Beiträge in einem öffentlich im Web für andere Nutzer einsehbaren Diskurssystem zu Lernzwecken für seriöse Personaler aussagefähiger hinsichtlich konkreter fachlicher und didaktischer Kompetenzen sind, als manches Urlaubsfoto auf Facebook. Zusätzlicher Gesichtspunkt ist, dass ganz besonders die Perspektiven „unverbildeter“, noch nicht betriebsblinder Anwender von Wissenswerkzeugen wertvoll für deren Optimierung und Innovation sind!

{2} Informell schon erfahrenere Entscheider wollen ihr Wissen anhand aktueller Daten trainieren, um ihren Leistungsstand und evtl. Prüfungsvorbereitungsaufwand rechtzeitig einzuschätzen. Ihr Anliegen ist es fachlich up to date zu sein. Diskontinuierlicher Theorie-Praxis-Transfer wird als Störung wahrgenommen. Repariert der Systembetreiber nicht just in time, suchen wir uns ein anderes Diskurssystem mit vergleichbarem Fachlichen Fokus wo die Moderatoren uns besser betreuen. {3} Führung ist nicht nur Privileg sondern auch Dienstleistung. Unterstellte Mitarbeitende, die führen lassen sollen, wollen ihrer Führungskraft vertrauen können. Deshalb wünschen sie in den sie betreffenden Entscheidungen soweit als möglich Transparenz. Nachvollziehbarkeit hilft auch, dass sie lernen können, selbst Verantwortung zu übernehmen, ihre Führungskraft zu entlasten und sich für anspruchsvollere Verantwortungsbereiche heranzubilden.

{4} Pflegebedürftige Kunden und potentielle Kunden aus dem einzelnen Zielgruppen tragen ihre Eindrücke von der Organisation nach außen und beeinflussen das Image mit. Sie stellen auch ein wertvolles Potential dar, um neue Dienstleistungen und Produkte auf den aktuellen Bedarf hin interaktiv zu entwickeln. Verwandte von Pflegebedürftigen möchten die Möglichkeit haben, vor ihrer Entscheidung für eine Einrichtung in Erfahrung zu bringen, welches Know-how sie von Fachkräften der Pflege erwarten können und welches nicht. {5} Wettbewerber wissen Führungsfehler innerhalb unserer Organisation zu schätzen. Besteht nicht das Risiko, dass wir durch allzu offenherzige Abbildung unserer realen, Entscheidungs-relevanten Arbeitsverhältnisse auf Station in den Lernbeispielen ausspioniert und angreifbar werden?  Ist Institutionen-übergreifendes Wissensmanagement eine Gefahr? Nicht unbedingt!

Aufgrund der Anonymisierbarkeit von Fallbeispielen sowie Person und Organisation der Einbringer von Fallgeschichten ist es möglich, dass Wettbewerber innerhalb der virtuellen Lern- und Qualitätsgemeinschaft ohne Gesichtsverlust und Furcht vor Bekanntwerden von Interna miteinander voneinander lernen können. Vgl. dazu die Fehlerkultur in Pilotenausbildungen. {6} Externe Kooperationspartner wie Service-Vermittler, Lieferanten, Zwischenhändler, aber auch wirtschaftsstrategische Partner wie bspw. Interessenverbände, Multiplikatoren würden sich gern sicher sein, dass sie mit kompetenten und engagierten Partnern zusammenarbeiten. {7} Vertreter gesellschaftlicher Ansprüche wie Kommunen, Gerichte, Finanzamt, Hygiene,- Bau- und Umweltbehörden möchten gewährleistet sehen, dass die Führungskraft ihre Organisation repräsentieren kann und es bei ihren Entscheidungen rechtens zugeht. Um rechtzeitig eingreifen zu können, sind sie an Information interessiert.

{8} Vorgesetzte möchten die Entscheidungsqualität spätestens im Nachhinein bewerten. Auch sie möchten sich just in time rückversichern können, welche Kriterien aktuell sind. {9} Gleichrangige Kollegen haben eine Meinung, wollen reden, mitreden. Sie werden unvermeidlich Einfluss geltend machen – direkt oder indirekt. Der Diskurs bietet die Möglichkeit zur rechten Zeit mitzureden. {10} Verwandte sowie Freundeskreis in der Privatsphäre bekommen nur in der Theorie nichts von den mit Entscheidungsrisiken verbundenen Belastungen mit. Sie können der Führungskraft den Rücken stärken oder nicht. Um einschätzen zu können brauchen sie Information. Statt: „Schatz, wie war Dein Tag? -> Ich weiß, was bei Euch heut los war.“ {11} Auszubildende / Studierende / HS-Absolventen als Kunden der Anbieter von Pflegeausbildungen, möchten auf ihr Wirken als verantwortliche Führungskräfte rechtzeitig vorbereitet werden.

12} Gesellschafter von Pflegeeinrichtungen und Bildungsdienstleistern, welche aus dem laufenden Betrieb Einnahmen erzielen möchten {13} Wenn Führungskräfte in Ausbildungseinrichtungen die Moderation des Wissensmanagements von Mitarbeitern als Führungsaufgabe anerkannt haben, dann haben sie dafür gute Gründe. Dank eines funktionierenden Wissensmanagements  unter den KollegInnen und sogar zwischen Vertretern verschiedener Institutionen können sie sich leichter auf ihre Lernaufgaben konzentrieren. {14} Fest angestellte Lehrkräfte in Ausbildungseinrichtungen möchten sich nicht auswechselbarer machen. Dafür bedürfen sie der durch Führungskräfte verkörperten Versicherung, dass ihre Unersetzbarkeit nicht allein an ihrer Kompetenz gemessen wird sondern an ihrem Bemühen um Erlernen und Weitergabe von Kompetenz.

{15} Die an effizient bearbeitbaren Aufträgen interessierten freien Mitarbeiter; Dozenten, Coaches, Berater, Supervisoren, Mediatoren, Organisationsentwickler, Fachautoren wollen externe Unabhängigkeit und interne Einblicke kombinieren. Wer gewinnt, wenn der Aufbau solch umfassender Expertise gelingt? Es gewinnt die für hochwertige Entscheidungen notwendige kollektive Intelligenz im Zusammenspiel von Organisation und Peripherie. {16} Das wissenschaftliches Personal an Hochschulen, welches zu Führung in Gesundheitseinrichtungen forscht und selbst mit einem Sonderfall von Organisation umgeben ist, ist interessiert an aktueller Datenlage durch schnellen Abgleich von Theorie und Praxis. {17} Mit QM- Zertifizierung Beauftragte wollen nicht nur die formale Einhaltung theoretisch definierter Prozesse zertifizieren sondern die Qualität der Lehre einschätzen.

Die praktische Anwendbarkeit verschiedener Theorien steigt in dem Maße als sie integriert gelehrt werden. Je weniger im Lehrerzimmer miteinander geredet wird, desto verwirrter wird der zu recht (!)Eindeutigkeit erwartende Schüler. Wenn die Lehrkräfte keine fachliche Integration geleistet haben, weiß er als künftiger Entscheider desto weniger, welche Wahl er in welchem Situationstyp rechtlich eindeutig begründen kann. Dank eines Diskurssystems können Qualitätsbeauftragte die Zusammenarbeit im Lehrkörper mehr oder weniger fest angestellter DozentInnen rechtzeitig die Integriertheit des miteinander statt gegeneinander komponierten Lehrangebotes beurteilen – das ist gelebter Verbraucherschutz im Bildungs-SYSTEM! {18} Vertreter Normen gebender Organisationen (wie bspw. Fachverbänden, Ministerien), welche über die Qualität von Führungskräfte-Entscheidungen die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft verbessern möchten, haben ein Problem:

Dieses Problem resultiert aus der sozial fragmentierten Kommunikation der mit von einem Qualitätsstandard für fachliches exzellentes Entscheiden in einem konkreten Kontext betroffenen Stakeholder. Die von ihnen erarbeiteten und als z.T. Gesetz beschlossenen Qualitätsstandards werden nur in dem Maße umgesetzt, als sie sich auf einen Konsens verschiedenen Perspektiven und Interessen stützen können. Durch die Aufhebung der fragmentierten Kommunikation über ein fachspezifisches virtuelles Diskurssystem für Kompetenzaufbau können QM-Standards schneller auf neue Anforderungen hin aktualisiert werden. Qualitätssicherung wird nachhaltiger, weil die Standards nicht nur beschlossenen sondern von den anderen Stakeholdern mit getragen und praktisch umgesetzt werden.

{19} Bisher war die Unaufgeklärtheit aller übrigen Interessengruppen Voraussetzung, damit Verlage ihre Produkte gewinnbringend verkaufen konnten. Was verkaufen Verlage, wenn sie keinen Content mehr verkaufen? Sie verkaufen Gespräche. Statt an der Einsamkeit redaktioneller Arbeit zu verzweifeln, verzweifeln die Wissensarbeiter an der Aufgeregtheit der zu evaluierenden,möglichst in Echtzeit zu aktualisierenden Beiträge in den von ihnen moderierten Fachdiskursen. So erleben Verlagshäuser das Ende feudalistischer Verhältnisse. Ihre einsamen Burgen werden gestürmt. Monopole an monologisch verfasstem und Verteilungsprivilegien in Form von Exklusivrechten für Content sind nicht mehr zu halten. Beziehungsaussagen wie „Ich weiß und Du weißt nicht. Deshalb bezahl für mein Buch!“ gehören dem Mittelalter unaufgeklärter Wissensgesellschaften an. Autorenkollektive müssen dafür nicht länger Jahre auf Resonanz zu ihren Leistungen warten. Wissensproduzenten und Wissenskonsumenten pardon!

Wissensprosumenten müssen nicht mehr nur andere lehren, sie dürfen schon während ihrer Verkündigungen selber im Diskurs dazu lernen. {20} Öffentlichkeit / Medien als „vierte Gewalt“ welche an den Entwicklungen gesellschaftsrelevanter Organisationen sowie deren prominenter Entscheider Anteil nehmen und Handwerk, Kunst und Ethik von Führung – teils im mystifizierenden Modus, teils im rationalisierenden Modus – trivialisieren, gewinnen beides: die Chance, das Programm der europäischen Aufklärung Praxis werden zu lassen und die Chance, im Information Overload den Überblick zu verlieren. Welche Chance ergriffen wird, entscheidet nicht nur über die Zukunft der Medien. Angesichts dieser mit Sicherheit nicht vollständigen Stakeholderanalysis könnte man versucht fühlen, mit Brecht so sagen: „Und so sehen wir betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Oder mit den Worten einer Frau: „Durch wieviel Kompliziertheit muß man sich durchringen bis man endlich zur Einfachheit gelangt!“ (Marie von Ebner Eschenbach).

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